Frühlingsbeginn – das Leben erwacht

Seit jeher unterteilt der Mensch das Jahr in Abschnitte. Rund um die Wendepunkte werden weltweit zahlreiche Feste gefeiert. In unserem Kulturkreis kennen die meisten die 4 Sonnenwendfeiern, die die kalendarischen Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter einleiten. Weniger bekannt hingegen sind die vier (keltischen) Mondfeste Imbolc, Belteine, Lughnasadh und Samhain, die zwischen den markanten Sonnenständen liegen. Im 5. Teil meiner Reihe stelle ich Euch den paganen Frühlingsbeginn Imbolc vor.

​In alten, naturverbunden Kulturen stellten die Sonnenwendfeiern jeweils den Höhepunkt einer Jahreszeit da. Folglich müssen deren Anfänge auf der Hälfte zwischen zwei Sonnenfesten liegen. Rein rechnerisch sind das 45 – 46 Tage. Weil der Sonnenstand in dieser Zeit keinen besonderen Anhaltspunkt bietet, orientierten sich die Menschen am Mond bzw. an dessen Phasen. So soll Imbolc während des 2. zunehmenden Halbmondes, Belteine während des 5. Vollmondes, Lughnasadh während des 8. abnehmenden Halbmondes und Samhain während des 11. Neumondes nach der Wintersonnenwende gefeiert worden sein. Andere Quellen hingegen gehen davon aus, dass die Feste entweder zu Neu- oder Vollmonden gefeiert wurden.

​Parallelen in Asien

Im traditionellen chinesischen Bauernkalender stellen die Sonnenwendfeiern ebenfalls den Höhepunkt einer Jahreszeit da und die Anfänge liegen dazwischen. Das Neujahrsfest zum 2. Neumond nach der Wintersonnenwende läutet in Asien den Frühling ein. In dieser Nacht wechselt auch der Jahresherrscher. 2023 ist es der Yin-Wasser-Hase. Früher dauerten die Feierlichkeiten 15 Tage und endeten mit dem Laternenfest zu Vollmond. An diesen Festtag wurden traditionell Eheschließungen angebahnt. Und noch heute werden Fluglampions mit Wünschen in den Himmel geschickt.

​Imbolc, Oimelc, Brigid – Fest zur Erneuerung des Lebens

Wenn sich der Winter von seiner grimmigsten Seite zeigt, kommen die ersten Lämmer auf die Welt und die Schafe geben endlich wieder Milch. In den vergangenen Jahrhunderten war es für bäuerliche Gemeinschaften eine ersehnte Bereicherung des Speiseplans, da viele Vorräte bereits aufgebraucht waren. So verwundert nicht, dass das Mondfest bei den Kelten Oimelc (oi= Schaf, melc= Milch) hieß. Und auch der Name Imbolc scheint auf das Ereignis zurückzugehen. Übersetzt soll es so viel wie das Anlegen der Lämmer (an das Mutterschaf) heißen.

Aber nicht nur die Tiere gebären neues Leben. Unter der Schneedecke keimen bereits die ersten Pflanzen. Und es dauert jetzt nicht mehr lange bis Winterlinge und Schneeglöckchen ihre Blüten den ersten wärmenden Sonnenstrahlen entgegen recken. Die Sonne steht um diese Jahreszeit schon wieder rund 2 Stunden länger am Himmel als zur Weihnachtszeit.

Der 3. Name geht auf die Göttin Brigid zurück. Als Teil der Trinität Brigid, Modron & Cailleach steht sie für das Reine, das Strahlende und für den Neubeginn. Sie bringt nicht nur den Funken der Inspiration, sondern regt auch das Wasser bzw. die Lebenssäfte von Mensch und Tier an.

Indirekt steht sie auch für Reinigung. Was sich auch in der 2. Bedeutung von Imbolc wiederfindet. Aus dem Altirischen übersetzt heißt es Rundum-Waschung.

​Maria Lichtmess

Auch wenn die keltischen Namen es suggerieren, sind Jahreskreisfeste kein europäisches Phänomen. Bereits die Frühkirche in Jerusalem feierte 40 Tage nach Weihnachten (symbolicher Geburtstag von Jesus) das Fest Mariä Lichtmess. Laut dem biblischen Gesetz galt Maria ab diesem Zeitpunkt wieder als rein. An besagtem Tag betrat sie mit Josef und dem Jesuskind den Tempel, um das Reinigungsopfer der Priesterschaft zu übergeben. Das Fest wurde um das Jahr 650 von der katholischen Kirche übernommen und wird seitdem immer am 2. Februar gefeiert.

​Bräuche rund um Imbolc / Lichtmess

Die Bezeichnung Lichtmess geht wahrscheinlich auf die Licht(er)messen bzw. Wachsmärkte, die in dieser Zeit stattfanden, zurück. Hier kauften die Menschen Kerzen für das kommende Jahr, welche sie im Anschluss in der Kirche segnen ließen. Seit dem 11. Jahrhundert finden vielerorts an den Tagen rund um Lichtmess Lichterprozessionen statt, die besonders bei Kindern beliebt sind.

Traditionell wird der bäuerliche Frühlingsbeginn auch genutzt um den Wintermuff aus den Wohnstätten zu vertreiben. Wenn das Wetter es zuließ, wurden die Häuser von Grund auf geputzt. Meist handeltet es sich aber um eine symbolische Reinigung durch Räucherung.

Heute noch beliebt ist es, den Winter durch Radau zu vertreiben. Dazu zieht in vielen ländlichen Orten eine lustige, buntmaskierte Schar von Gebäude zu Gebäude und vertreibt die Wintergeister mit viel Lärm. Oft endet der Tag mit einem Lichtmesstanz im lokalen Gasthaus.

​Fasching, Karneval, Fastnacht

Von diesen Traditionen ausgehend ist es nicht weit zur 5. Jahreszeit. Traditionell begannen die Umzüge zum Dreikönigstag (6. Januar) und gipfelten in den Feierlichkeiten zu Fastnacht. Hierzulande werden Fasching und Co. hauptsächlich in den katholisch geprägten Gebieten gefeiert. Während in den rheinischen Städten wie Köln und Mainz in den Tagen um die Fastnacht gefeiert wird bis die Schwarte kracht, geht es im Südwesten von Deutschland und der Schweiz deutlich gruseliger zu. Die Teilnehmer der alemanischen Fastnachtsumzüge tragen oft schaurig anzusehende Masken und Kostüme und erlauben sich oft grobe Scherze mit den Zuschauern.

Deutlich prunkvoller wird Karneval in Venedig gefeiert. Viele Touristen freuen sich darauf, einmal in ihrem Leben in barocken Kleidern auf einem Ball zu tanzen.

Sexuell aufgeladen ist hingegen ein anderer Besuchermagnet: Während des Karnevals in Rio de Janeiro zeigen die Tänzerinnen und Tänzer der Sambaschulen in aufwendigen aber sehr knappen Kostümen ihr Können.

Generell gilt in der Faschingszeit Narrenfreiheit. Das galt und gilt vor allem für Sitten und Moral.

An diesen Tagen werden auch die herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse in Frage gestellt. Kaum ein Politiker oder Politikerin, der / die in den Karnevalssitzungen nicht ihr Fett wegbekommt.

​Bauernkalender

Zu Lichtmess gibt es viele Bauernregeln, die das Wetter betreffen. So soll es nach dem Bauernkalender noch eine Kälteperiode geben, wenn sich der 2. Februar mild und sonnig zeigt. Zeigt sich der Lostag hingegen kalt und nass, sollen Frühling und Sommer schön werden.

Zur Wetterprognose werden bekanntlich auch gerne Tiere herangezogen. Das bekannteste werden die meisten hierzulande durch die Bill Murray-Komödie “Und täglich grüßt das Murmeltier” kennen. Anfang Februar strömen viele Schaulustige in die amerikanische Kleinstadt Punxsutawney, um zu sehen, ob das Murmeltier Phil aus seinem Bau herauskommt.

Im 6. Teil meiner Reihe zu den Jahreskreisfesten wird es um den Sommerbeginn Belteine gehen, der gerne mit ausschweifenden Festen in Verbindung gebracht wird.